Tourenbericht über die Besteigung von Mt.Meru und Kilimandscharo
vom 08.02.- 21.02.2011
(Veranstalter Hubert Schwarz)
08.02.2011
In aller Frühe starten wir von den Zubringerflughäfen München, Frankfurt, Düsseldorf, Hannover und Hamburg nach Amsterdam. Um 11:05h hebt dort unsere Boeing 777-300 zum 8 1/2-stündigen Flug nach JRO – Kilimandscharo Airport ab.
Wir sind insgesamt 9, 3 Frauen, 4 Männer, der Tourarzt Eberhard und ich als Tour guide. Alle haben sich in den letzten Monaten unterschiedlich mit Fahrradfahren, Laufen, Treppensteigen und der einen oder anderen Wandertour vorbereitet.
Nach ruhigem Flug werden wir gegen 21:30h Ortszeit – es ist mittlerweile schon dunkel geworden – am Flughafen von zwei freundlichen Mitarbeitern der Ngurdoto Lodge, unserem ersten Domizil für die Zeit, die wir nicht „am Berg“ verbringen, abgeholt. Nach 40-minütiger Fahrt werden wir in der Lodge von Everest, der mit Stolz diesen „Bergnamen“ trägt, herzlich begrüßt. Nach einem schmackhaften Spätimbiß und einem zünftigen Kilimandscharo-Bier begeben wir uns in die sehr hübschen Bungalows oder im Haupthaus der Lodge in die erste Nachtruhe in Afrika, sicher behütet von Moskitonetzen über unseren Betten.
09.02.2011
Geweckt durch das fröhliche Krähen einiger Hähne in unmittelbarer Nachbarschaft und sonstigem bereits munterem Federvieh sind wir schon früh bei Tagesanbruch auf den Beinen. Noch vor dem Frühstück sehen wir uns das grüne und blühende parkähnliche Gelände der Lodge etwas näher an und stellen fest, dass wir in einem tollen Stückchen afrikanischer Erde gelandet sind.
Nach einem gemütlichen Frühstück, vor dem die ab jetzt täglich zwei-malige Puls- und Sauerstoffmessung durch unseren Tourarzt Eberhard erfolgt, machen wir uns bei schon sehr warmen Temperaturen von 25°C auf eine kleine Erkundungstour rund um die Lodge.
Als Erstes besuchen wir die nahegelegene Schlangen- und Chamäleonfarm. Neben Schildkröten, Waranen und Alligatoren werden hier vor allem Schlangen gezüchtet. Hinter Glasscheiben sehen wir die unterschiedlichsten Giftschlangen wie Mambas, Kobras, Pythons, alle hier „zuhause“, weil hier gezüchtet und entweder an Zoos zum Vorzeigen an die Besucher oder an die Pharmaindustrie zur Schlangengift-Produktion verkauft werden. Ein weiterer Geschäftszweig ist die Aufzucht von Chamäleons. Allerdings sind viele Aufzuchtkäfige z.Zt. leer. Von unserer Führerin erfahren wir, dass ein Chamäleon je nach Umgebung über 200 verschiedene Farben erzeugen kann.
So mit ersten biologischen Kenntnissen der afrikanischen Tierwelt ausgestattet, durchwandern wir eine Kaffeeplantage und erfahren dabei, dass die Kaffeesträucher erst nach 3 Jahren Früchte, also Bohnen tragen und dann nach 8 Jahren beschnitten und spätestens nach 15 Jahren gerodet werden, da sie dann für die weitere Produktion zu alt sind. Kaffeepflanzen brauchen
- Ausgeglichene Temperaturen von ca. 13 – 30°C
- Eine gewisse Höhe, etwa 1.000 – 1.500m
- Gute, lehmige Erde
- ständige künstlich Bewässerung
- und schattige Lagen
Alle diese Voraussetzungen werden hier bestens erfüllt und deshalb ist Kaffeeanbau hier in der Region Arusha ein wichtiger Erwerbszweig.
Wir erfahren weiter etwas über den Bearbeitungsprozeß der Kaffeebohnen:
- nach der Ernte werden sie gewaschen
- dann die Fruchthaut im „Entpulper“ entfernt
- dann etwa 3 Tage getrocknet
- dann geschält, um die Pergamenthaut zu entfernen
- dann wieder gewaschen
- dann getrocknet und hand- oder maschinenverlesen (versch. Qualitäten)
- dann geröstet
Zur Abrundung unseres Afrika-Schnuppertages fahren wir noch nach Tengero zum Doluti-See, einem Vulkansee, rund und 700m tief – ähnlich den Maaren in der Südeifel – und genießen hier die Ruhe und frische Luft am Ufer dieses Sees, der sich im Privateigentum eines Tansaniers befindet, dessen Haus wie ein Schloss hoch am Ufer thront.
Den Tag beschließen wir mit einem Abendessen in der Ngurdoto Lodge und genießen noch ein Kilimandscharo Bier – das letzte für die kommenden 4 Tage und bereiten uns schon mal geistig auf die morgen beginnende erste Etappe am Meru vor.
10.02.2011
Heute geht es zum 1. Mal auf den Berg. Gegen 10:00 h kommen Yohana, unser afrikanischer Führer und ein Teil seiner Crew mit dem Bus und los geht es in Richtung Momella-Gate.
Am 1. Registrierungspunkt zum Eingang in den Meru-Nationalpark, sehen wir uns schon einmal an einem Modell unsere Aufstiegsroute an. Am Modell sieht sie ziemlich einfach aus, wie wird es in der Realität werden?
Nach weniger als 1 km Busfahrt nach der Registrierung öffnet sich rechts des Weges eine große Lichtung, auf der sich eine Reihe der hier lebenden Wildtiere zeigen: eine Giraffen-Familie, viele Zebras, eine große Büffelherde, eigne dazwischen laufende Warzenschweine und friedlich grasende Antilopen.
Dann geht’s zum eigentlichen Gate. Hier erfolgt jetzt mit typisch afrikanischem „Palaver“ die Verteilung unserer persönlichen Ausrüstung in den Seesäcken sowie der gemeinschaftlichen Verpflegung und Küchenausrüstung in transportierbare Gewichte: 15 kg Traglast + max. 10 kg persönliche Ausrüstung des Träger, insgesamt also 25 kg, die peinlich genau von Rangern mit einer altertümlichen Waage kontrolliert werden.
Schon bald lernen wir Frederik, den Ranger kennen, der uns die nächsten Tage am Mt.Meru begleiten wird. Er ist bewaffnet mit einer deutschen „Mauser-Flinte“, die er nur dann mit „Luftschüssen“ gebrauchen wird, wenn uns eines der wild lebenden Tiere zu nahe kommen sollte.
Gegen 13:00h brechen wir am Gate auf. Wir haben heute knapp 1000 Hm von 1.500m am Gate bis auf 2.521m an der Miriakamba-Hütte vor uns.
Es ist sehr warm, das Außenthermometer an meinem Gürtel zeigt bis zu 37°C. Hinzukommet eine gefühlte hohe Luftfeuchtigkeit. Dies macht den Einstieg am Berg nicht ganz einfach. Entschädigt werden wir aber schon nach kurzem Aufstieg beim Zurückblicken in die hinter uns allmählich verschwindende Ebene. Dort können wir den Drehort des John Wayn Filmes „Hatari“ erkennen, heute genutzt als eine hochwertig – teure Lodge für betuchte Touristen.
Uns hat sich inzwischen je eine deutsche und amerikanische 2er Gruppe angeschlossen, die den „Schutz“ unseres Rangers Frederik suchen und kurz vor oder hinter uns gehend, die Gruppe ergänzen.
Im pole-pole Tempo gewinnen wir ständig an Höhe. Die Hitze und das ansteigende Gelände bringen uns ordentlich ins Schwitzen. Unsere erste Pause machen wir im Schatten eines bewaldeten Flusstales, nachdem wir den Fluss über darin liegenden Steinen überquert haben. Danach geht es weiter aufwärts in offener werdendem Gelände, welches lohnende Blicke zurück öffnet mit der allmählich unter uns verschwindenden Hochebene zwischen den Städten Moshi und Arusha. Immer wieder erklärt uns Frederik einige Besonderheiten am Wegesrand: die kleinen Höhlen, in denen Ameisenbären nach Termiten und Ameisen gesucht haben, eine Brennesselart, die wir nicht berühren sollten, kleine grüne Äpfel, die für Menschen giftig für z.B. Giraffen aber eine Delikatesse sind.
Nach ziemlich genau 4 Stunden Gehzeit erreichen wir die sauberen Miriakamba-Hütten auf 2.521m. Verteilt auf 3 „Zimmer“ mit 4er-Stockbetten machen wir uns bereit für die erste Nacht am Mt.Meru. Nach dem Abendessen im Gemeinschaftsraum, wo sich viele ausländische Trekker u.a. aus Canada, USA, Frankreich und Polen versammelt haben, gehen wir bereits gegen 21:00 in unsere Stockbetten.
11.02.11
Nach der langen, einigermaßen ruhigen Nacht, stehen wir um 06:00h auf, um zu erleben, wie die Sonne ein Stück weit rechts vom Kilimandscharo / Mawensi aufgeht. Es ist etwas diesig und so dauert es bis gegen 07:00h bis sie sich rot/orange über den Morgendunst erhebt und die Konturen von Kilimandscharo und Mawensi deutlich am Horizont abzeichnet.
Kurz nach 08:00h sind wir bei blauem Himmel und heute 15°C abmarschbereit. Die Route führt über lang aufsteigende und gut befestigte Treppenstufen durch den Regenwald. Es herrscht eine typische „Harry-Potter-Atmosphäre“. Von den gewaltigen, weit ausladenden Bäumen des Regenwaldes wehen „Irish Moos“ und Farne herab,
die mit den Bäumen in Symbiose leben. Immer wieder haben wir – je höher wir kommen – phantastische Ausblicke zwischen den Bäumen hindurch auf die vulkanische Ebene unter uns. Leider liegt der mächtige Kibo-Gipfel des Kilimandscharos in Dunst und Wolken, so dass wir seine Lage nur erahnen können.
Für die heute wiederum ca. 1.000Hm von 2.521m auf 3.566m nehmen wir uns 4,5 h Zeit. Nach einem kleinen Lunch in der nicht ganz so feinen Saddle-Hütte und einer kurzen Mittagsrast sind wir um 15:00h bereit zu einer besonderen Akklimatisierungstour: bis auf einen von uns möchten alle aus unser 9er-Gruppe den Gipfel des little Mt.Meru auf 3.800m besteigen. Im langsamen pole-pole Tempo auf vielen staubigen Zick-Zacks schlängeln wir uns 300Hm nach oben und erreichen nach 1 Std und 15 min alle den Gipfel unseres 1.Berges. Hier auf 3.800m, für 4 von uns ein persönlicher Höhenrekord, genießen wir die tolle Rundumsicht.
Einerseits sehen wir „hinter“ dem little Mt.Meru nach Norden die weite afrikanische Hochebene, vulkanischen Ursprungs mit kleinen, uralten teils wassergefüllten Kratern. „Vor“ dem little Mt.Meru, nach Süden und Westen – für uns von besonderem Interesse – sehen wir große Teile unserer morgigen Aufstiegsroute zum „großen“ Mt.Meru. Diese prägen wir uns schon einmal ein, damit wir in der folgenden Nacht einigermaßen nachvollziehen können, wo wir uns gerade befinden.
Nach dem Abstieg und dem schon gegen 18:00h folgenden Abendessen, liegen alle um 19:00h in den Schlafsäcken. Heute haben wir das Akklimatisierungs-Motto befolgt: „go high, sleep low“ und es folgt nun eine sehr kurze „Nacht“.
12.02.11
Wie häufig bei Gipfeltagen üblich, beginnt der „Tag“ schon in der vorhergehenden Nacht. Um 23:00h werden wir geweckt, wobei die meisten von uns gar nicht oder nur sehr wenig geschlafen haben. Offensichtlich haben wir schon eine Menge Adrenalin im Blut im Hinblick auf den vor uns liegenden Tag.
Zwei von uns, Heinz und ich, müssen uns leider bei unserem Tour Doc Eberhard krank melden: wir haben deutliche Anzeichen einer Höhenkrankheit mit Magenbeschwerden und Kopfschmerzen, was dazu führt und auch weiterhin anhält, dass wir seit Stunden nichts essen und trinken können. Letzteres ist wegen der Höhe aber unbedingt notwendig. Wir beide werden statt auf- am frühen Morgen ganz hinunter absteigen, um uns in der tieferen Lage der Meru View Lodge zu erholen und neu für die Kilimandscharo-Besteigung vorzubereiten.
Die Erlebnisse der Gipfelnacht am Mt.Meru gebe ich nun nach den Schilderungen von Eberhard und den anderen Gruppenmitgliedern wieder.
Etwas fröstelnd, nach einem „mageren“ Frühstück, bestehend aus Porridge, Biskuits und Tee oder Kaffee sind die verbliebenen 7 zusammen mit Frederik, dem Ranger, Yohana dem guide und 4 weiteren assistant guides und einem Träger für den Arztkoffer gegen 00:10 bei mondklarer Nacht, funkelnden Sternen, fast Windstille und relativ warme 8°C Außentemperatur abmarschbereit. Nahezu wortlos begeben wir uns auf das erste flache Stück auf den Anstieg zum Rhinopoint. Dieser hat seinen Namen daher, weil vor langer Zeit ein Jäger auf diesem 3.800m hohen Berg ein Rhinozeros erlegt haben soll. Der „Rhino“ erfordert bereits erhebliche Kräfte. Vor allem das letzte steile Stück geht durch Feinstaub in endlosen Zick-Zacks. Nach gut 2 Stunden erreichen wir diese erste Wegmarke auf unserer Route zum Gipfel und wir machen eine erste richtige Pause.
Nach dieser Rast auf 3.800m folgen wir nun weiter auf dem einzigen Weg zum Gipfel und es wartet auf uns die nächste größere Herausforderung: das Passieren zweier schräg abfallender Felshänge. Unsere Führer zeigen uns die beste Route und helfen uns auch in dem einen oder anderen kritischen Bereich.
Berücksichtigend, dass bis hierher „erst“ etwa 1/3 der Gesamtstrecke erreicht ist und jetzt noch ein sehr langer, beschwerlicher Weg zu bewältigen ist, beschließt einer aus unserer Gruppe, hier umzukehren und zur Saddlehütte abzusteigen. Begleitet von einem assistant guide tritt er den Rückweg an und berichtet später, dass sein Führer mangels Stirnlampe einige Male von der kürzesten Route abkam und dann Umwege erforderlich wurden. Beide erreichen am Morgen gegen 06:00h wohlbehalten die Saddlehütte.
Nachdem wir anderen das untere Ende des zweiten schräg abfallenden Hanges erreicht haben, geht es etwas besser voran: Wir folgen, wie wir später bei Tageslicht sehen werden, dem äußeren Kraterrand des Mt.Meru – jetzt erst einmal auf einem breiten Pfad. Allerdings ist hier der Untergrund sehr lose, so dass wir Kraft aufwenden müssen, um nach dem Motte „1 Schritt vorwärts und ½ Schritt wieder zurück“ nur langsam vorwärts kommen. Danach schließen sich wieder Felspassagen an, deren Überwindung häufiger statt des Stockeinsatzes den Gebrauch von einer oder beider Hände bedarf.
Wir sind jetzt schon fast 4 Stunden unterwegs und das Gelände erfordert die ganze Kraft aller Teilnehmer. Bald näheren wir uns der 4.000m-Marke, eine Höhe, in der die meisten von uns noch nie waren. Die Pausenabstände werden kürzer, es wird empfindlich kalt – wir haben jetzt 0°C – und wir sind froh, nun unsere wärmste Kleidung dabei zu haben.
Oberhalb der 4.000m Marke, gehen wir jetzt allmählich an die körperlichen Grenzen heran. Bei 4.100m – immer im Wechsel zwischen einigermaßen gut begehbarem Pfad und Felspassagen – misst unser Doc die Sauerstoff- und Pulswerte aller. Die Sauerstoffsättigung ist höhenbedingt gefallen und die Pulswerte gestiegen. Da die Werte aber medizinisch nicht bedenklich sind, besteht kein Grund, nicht weiter anzusteigen. Im Osten sehen wir bereits eine erste Rötung am Horizont als sicheres Zeichen für den anbrechenden Tag.
Wir sind jetzt noch 10, „unsere“ drei Frauen Eva, Inga, Rosi, dann Ekke und Wolfram, Eberhard der Tourdoc, Frederik der Ranger, Yohana der guide, Peter der Arztkofferträger und ein assistant guide. Die letzten mehr als 400Hm haben es in sich: Immer wieder signalisieren die Felstürme am Kraterrand, dass jetzt der Gipfel kommen muss – aber ein wenig frustriert müssen wir erkennen, dass es noch eine Biegung und noch eine Felsformation zu passieren gilt, bevor endlich etwa 50m vor und über uns die eiserne Gipfelfahne auftaucht. Jetzt ist es noch eine halbe Stunde, in der die letzten Kräfte mobilisiert werden müssen. Auf der kleinen Gipfelkanzel des „Socialist Peak Mt.Meru 4.566m“, wie eine gelb-grüne Inschrift verkündet, ertönen die Freudenschreie – oder sind es etwa „Schmerzensschreie“?- jedenfalls sind Erleichterung und Freude über den Gipfelerfolg groß und alle genießen diesen emotionellen Augenblick.
Es ist jetzt 07:30h und die Sonne steht nun hell über dem Kilimandscharo. Sie beleuchtet majestätisch den weiß glänzenden Kibo-Gipfel mit seinen Hängegletschern, lässt rechts daneben auch den zerklüfteten Mawensi erahnen und ermöglicht auch das Erkennen aller Details des schräg stehenden Meru-Kraters einige Hundert Meter direkt unter uns. Dieser Krater, den wir „Ofenrohr“ nennen, hat eine einmalige Lage und Form. Er erhebt sich im großen Kessel des Merukrater als separater kleiner Krater, von uns aus gesehen glatt abgeschrägt nach links.
Auf der dem Kilimandscharo abgewandten Seite können wir weit in die Hochebene hineinblicken, die hier und da von kleineren Kratern und Seen durchzogen ist.
Nach dem Schießen der Gipfelfotos, nachdem wir das unter uns liegende afrikanische Land ausreichend in uns aufgenommen haben und nachdem wir uns ein wenig regeneriert haben, beginnen wir den langen und beschwerlichen Abstieg. Wir folgen genau der gleichen Route zurück, die wir auch gekommen sind. Obwohl es nun überwiegend bergab geht und die Schwerkraft uns automatisch nach unten bringt, ist es erforderlich, sich in den Felspassagen auf jeden Schritt und Tritt zu konzentrieren. Je weiter wir nach unten kommen, umso heißer und staubiger wird es und wir halten untereinander größere Abstände, um etwas weniger Staub des Vordermannes abzubekommen. Die Sonne steigt nun immer höher und das Thermometer zeigt über 25°C. Schließlich erreichen wir gegen 11:30h ausgepowert aber dennoch glücklich die Saddlehütte auf 3.566m.
Jetzt heißt es nur noch schlafen, schlafen, schlafen. Nur unterbewusst registrieren wir, dass sich ein ordentliches Gewitter mit großer Regenmenge über der Saddlehütte entlädt.
13.02.2011
Nach dem langen, erholsamen Schlaf sitzen wir bereits um 07:00h beim Frühstück. Die Stimmung ist gut, da alle 7 aus unserer Gruppe am Vortag eine bemerkenswerte Leistung vollbracht haben – 6 haben einen neuen persönlichen Höhenrekord aufgestellt – wichtiger ist aber vielleicht noch, dass alle an ihre persönlichen Grenzen herangegangen sind bzw. sie haben sie überschritten und das ist eine wertvolle Erfahrung eines jeden einzelnen. Nach dem Frühstück verabschieden wir uns von der Crew, die schon vor uns den Mt.Meru verlassen wird. Danach beginnen wir im eher gemütlichen Tempo aber die Strapazen des Vortages spürend den Abstieg. Nach einem Zwischenstopp 1.000m tiefer in der Miriakamba Hütte entschließen wir uns, den Rest des Weges nach unten mit einem Ranger-Jeep zu bewältigen. Der Fahrer will offenbar sein ganzes „off-road-Können“ zeigen und so haben wir große Mühe, uns auf der offenen Ladefläche des Jeeps festzuhalten. Einen kurzen Foto-Stopp legen wir an einem großen, die Fahrbahn überwachsenden und in der Mitte ausgehöhlten Urwaldbaum ein, bevor wir ihn mit dem Jeep „durchfahren“ können. Mit dem ein oder anderen blauen Fleck erreichen wir schließlich gegen Mittag das Momella gate, wo wir ordnungsgemäß auschecken und uns dann von Frederik, der uns als Ranger beschützt hat und von Yohana, den wir 2 Tage später zur Besteigung des Kilimandscharo wiedersehen werden, verabschieden.
Die anschließende „Vollwäsche“ in der schönen Meru View Lodge erfordert die volle Leistung der Warmwasserversorgung, haben wir doch 4 Tage nur immer „Katzenwäsche“ betrieben.
Den Abend lassen wir ausklingen mit einer Geburtstagsfeier für Inga, – die wie alle anderen Gipfelstürmer – diesen Tag so schnell nicht vergessen wird.
14.02.2011
Um 09:30h begeben wir uns mit dem Bus auf den Weg zur Schule der Renate & Hubert Schwarz Stiftung im Slam von Arusha. Meleck, der Leiter begrüßt uns hier und erläutert die Entwicklung und den heutigen Stand des Projektes:
- gegründet 1999 aus der Zusammenarbeit Meleck und Hubert Schwarz
- Schule 1 (die wir gerade besuchen) mit ca. 100 Kindern
- Schule 2 (seit 2006, im Massai-Gebiet gelegen) mit ca. 180 Kindern
Die Philosophie des Projektes ist es nicht nur Bildung zu vermitteln sondern auch die Lebensauffassung, dass gute Bildung die beste Basis für ein selbständiges und erfülltes Leben ist.
Wir dürfen an einem kurzen Unterricht der 3-6-jährigen Kinder in englischer Sprache teilnehmen und können uns davon überzeugen, dass die noch jungen Kinder schon Grundelemente der englischen Sprache beherrschen.
Wir erfahren, dass Kinder, die diese Vorschule verlassen, bereits erfolgreich primary und secondary Schulen absolviert haben und die ersten schon ein Collage besuchen. Der Schulbetrieb und Unterhalt der Kinder (Kosten für Lehrer, Schulmaterial, Verköstigung der „Nachmittagskinder“, Uniformen, usw.) werden von der R.&H.Schwarz-Stiftung bzw. deren Spendern finanziert. Gerade wird geprüft, ob eine neue Schule gebaut wird, da die bisherige Schule 1 auf gepachtetem Gelände steht, welches jederzeit gekündigt werden könnte.
Sehr beeindruckt von den Kindern, von Meleck, von der Schule und dem Projekt als Ganzem fahren wir weiter zum „Tanzanian Heritage Center“. Hier können wir eine Riesenauswahl an einheimischer Kunst, Schnitzereien und Handwerksarbeiten aller Art bewundern und für die Lieben zuhause oder als Souvenir für uns selbst einkaufen.
Einen besonderen Eindruck hinterlässt auch ein integrierter Neubau des Heritige Centers, der in sehr einzigartiger Architektonik von der afrikanischen Bau- und Gestaltungskunst Zeugnis gibt. Besonders sprechen uns große Tierfotos im Untergeschoß an, die die Wirklichkeit im afrikanischen Busch wiedergeben.
Am Abend genießen wir als Schlummertrunk noch ein kühles Kilimandscharo-Bier, wohl wissend, dass ab morgen unser eigentliches Ziel, die Besteigung des Kilimandscharo beginnen wird.
15.02.2011
Um 08:45h brechen wir mit dem Bus in Richtung Moshi auf. Dort, am Büro von Zara, unserer Bergagentur wechseln wir den Bus und fahren zusammen mit einigen Mitgliedern unserer Crew zum Mandara Gate. Auf dem Weg dorthin stoppen wir noch an einer Feuerwehrstation, um einen batch der Karlsruher Feuerwehr gegen einen der Feuerwehr Moshi zu tauschen. Die gestrengen officers verweisen uns aber an den 2 Stunden später kommenden Feuerwehrchef, auf den wir aber leider nicht warten können.
Weiter geht es den Berg hinauf zum 1.970m hoch gelegenen Eingangsgate zum Kilimandscharo. Hier müssen sich alle registrieren, egal, ob sie nur einen Tagesausflug machen, den Berg auf einer großen Runde umwandern wollen oder wie wir auf den Gipfel wollen.
Gegen 12:45h haben wir unsere Formalitäten am Eingangsgate erledigt und es geht langsam auf die 1.Etappe. Es ist etwas schwül, 24 °C warm und ziemlich wolkig.
Der Weg führt ausschließlich durch den Regenwald, und meist schweigend ziehen wir nach oben. Die Entfernung zur Mandara-Hütte beträgt etwa 7,9 km und wir benötigen dafür 4 Stunden und 15 Minuten inklusive einer längeren Pause „halfway“ auf einem sehr sauberen Rastplatz und einer kurzen Trinkpause ½ Stunde vor der Mandara Hütte. Unterwegs haben wir Gelegenheit, den einen oder anderen Wasserfall und auch einige blühende Pflanzen am Boden des Regenwaldes zu fotografieren. Nahe am Weg beobachten wir eine Gruppe Weißkragenaffen, die unbeeindruckt von uns über uns herumturnen.
Nach Erreichen der Mandarahütte auf 2.720m beziehen 8 von uns 2 Schlafräume im „weißen Haus“, einem festen Steinbau am Rande des Camps; ich habe das Vergnügen, ein Bett im großen Schlafsaal der Kantinenhütte mit 20 Schweizern zu teilen.
Heute sind alle Hütten bis auf den letzten Platz belegt, was wir auch beim Abendessen in der bis auf den letzten Platz besetzten Kantinenhütte feststellen.
Meine Nachtruhe ist eher spärlich, da alle in meinem Schlafsaal immer dann wieder wach werden, wenn einer die Toilette aufsuchen muss und dabei im Schein der hellen Stirnlampe die steile Steige hinuntersteigen muss.
16.02.2011
Nach dem Frühstück starten wir pünktlich um kurz vor 08.00h bei 12°C auf unsere 2.Etappe. Schon kurz nach Verlassen der Hütten treten wir unvermittelt hinter einer Bachbrücke aus dem Regenwald heraus und vor uns liegt die nächste Vegetationszone – das Hochmoor – mit einem immer niedriger werden Baumbestand.
Leider ist es wolkig und die bei klarem Wetter von hier gut zu sehenden „Doppelgipfel“, der weiß leuchtende Kibo-Gipfel und der zerklüftete Mawensi, bleiben uns erst einmal verborgen. Doch eine halbe Stunde später tauchen beide zwischen Wolkenfetzen auf – und wir sind überrascht von den großen Schneemengen, die beide in eine nahezu komplett weiße Außenhaut hüllen. Bei inzwischen angenehmer Trekking-Temperatur von 18°C ziehen wir unseren gut befestigten Weg stetig ansteigend zu den Horombo-Hütten hoch. Es kommen uns bald viele Gruppen von oben entgegen, die am Vortag den Kilimandscharo bestiegen haben. Einige berichten von Neuschneemengen zwischen 25 und 40 cm, die den Aufstieg stark erschwert und bei einigen unmöglich gemacht haben.
Nach einigen Pausen – in der Regel so jeweils nach 1 – 1,5 Stunden Gehzeit, erreichen wir nach 4 Stunden einen großen Rastplatz mit Tischen, Bänken und einem Toilettenhäuschen. Leider hat Heinz hier deutliche Anzeichen einer Höhenkrankheit mit Kopfschmerzen, Übelkeit und allgemeiner Schwäche.
Nach einer längeren Pause fallen uns die restlichen 2,5 Stunden Gehzeit bis zu den Horombo-Hütten nicht allzu schwer. Heinz folgt mit unserem Tourdoc und erreicht dann auch ½ Stunde nach den anderen die Horombo-Hütten dank einer enormen Willensleistung.
Kurz vor den Horombo-Hütten sehen wir zum ersten Mal die inzwischen hier am Kili seltenen Senezien, palmartige Bäume, die aber zur Gattung der Kräuterpflanzen gehören.
Gegen 15:00h, nach insgesamt 7h Gehzeit incl. Pausen, in denen wir wieder 1.000Hm und ca. 13 km zurückgelegt haben, sind wir endgültig am Tagesziel. Hier bekommen wir 2 Hütten – eine 6er und eine 4er Hütte – zugeteilt. Erschöpft von der „Tagesarbeit“ gehen wir nach dem Abendessen in der ziemlich überfüllten Kantinenhütte und dem üblichen abendlichen Sauerstoff- und Pulsmessen sowie dem Briefing für den Folgetag gegen 20:00h in eine lange Nachtruhe.
17.02.2011
Der Morgen begrüßt uns mit strahlend blauem Himmel und einem komplett in Weiß gehüllten Kibo, der Gipfelregion des Kilimandscharo. So muss der Kili vor 100 Jahren ausgesehen haben, als er noch ganz von Gletschern zugedeckt war. Heute sind es etwa 30% der Gipfelregion, die von Gletschern bedeckt sind; der Rest ist jetzt eine Schneedecke der letzten Tage.
Heute legen wir einen Akklimatisationstag ein. Um 08:45h verlassen wir bei 10°C das Camp in Richtung Mawensi-Sattel. Leider hat sich der Himmel schon komplett zugezogen. Nach einem steilen Anstieg erreichen wir nach ca. 1,5 h den 4.000m rock bzw. den wegen seiner schwarz-weißen Zeichnung benannten „Zebra-Felsen“. Hier machen wir eine längere Pause; leider sehen wir wegen der Wolken, in denen wir uns zeitweise befinden, nur wenig vom umliegenden Gelände und gar nichts vom Mawensi, der ganz nahe vor uns liegt. Wir entschließen uns, noch weiter hoch zu steigen auf einen „View-Point“, der auf 4.200m genau oberhalb des Zebra-Felsen liegt. Dort angekommen haben wir Gott sei Dank einen Blick auf einen Teil der vor uns liegenden Aufstiegsroute des nächsten Tages.
Über ein Stück der Aufstiegsroute des nächsten Tages steigen wir nun ab. Bald erreichen wir rechts des Weges einen größeren „Senezienwald“, in dem unsere Fotographen, Inga, Eva, Jochen und Eberhard besondere Motive im Hintergrund der vorbeiziehenden Wolken finden. Gegen 12:30h gelangen wir schließlich bei jetzt einsetzendem Regen zurück zu den Horombo-Hütten.
Nach dem Mittags-Lunch üben wir zum ersten Mal die Tansanische Nationalhymne für unsere „Abschlußfeier“, nach hoffentlich erfolgreichem Aufstieg, unten am Marangu-Gate. Yohana, der selbst ein guter Sänger ist, führt uns mit feiner Stimme durch diesen Gesangsunterricht.
Den Nachmittag verbringen wir bei regnerischem, kühlen Wetter, meist jeder für sich mit Lesen, Tagebuchschreiben und dem heute unvermeidlichen Packen unserer Ausrüstung für die Gipfelnacht übermorgen.
Am Abend zeigt sich, dass Heinz leider den weiteren Aufstieg zur Kibohütte morgen nicht antreten kann. Zusammen mit Eberhard, unserem Tourdoc, trifft er selbst die wohl richtige Entscheidung, seinen Körper nicht einer neuen noch höheren Belastung auszusetzen. Wir organisieren für ihn für die nächsten 2 Tage einen einigermaßen angenehmen